Neue Verwaltungsvorschrift zu den Kosten der Unterkunft

Zum 1. Januar 2017 ist durch den Landkreis V-R eine neue Verwaltungsvorschrift zur Angemessenheit der Bedarfe für Unterkunft und Heizung zum SGB II und SGB XII in Kraft getreten. Es ist zu erheblichen Änderungen gegenüber der bisherigen Richtlinie gekommen. Die Anzahl der so genannten Teilwohnungsmärkte wurde erweitert. Während es bisher 7 gab, sind es nunmehr 11.

So bestand die Insel Rügen ursprünglich aus 2 Vergleichsräumen, besteht jetzt aus 4 Vergleichsräumen. So gibt es die Raumschaften Saßnitz, Stadt Bergen, Bergen und Ostseebäder. Außerdem sind einige Gemeinden, wie z.B. Altefähr der Raumschaft Stralsund zugeordnet worden.

Ähnlich stellt sich dies für den Bereich des ehemaligen Landkreises NVP dar. Hier ist die Raumschaft Stralsund, die Halbinselkette (Darß), die Stadt Grimmen, Grimmen, die Stadt Ribnitz-Damgarten sowie Ribnitz-Damgarten.

Die entsprechende Richtlinie ist vollständig auf der Internetseite des Jobcenters veröffentlicht. Auch wurden die Quadratmeter bezüglich angemessenen Wohnraums teilweise angehoben. Für Alleinstehende betragen diese nunmehr statt 45 nunmehr 50 m², für zwei Personen bis zu 65 m², für drei Personen bis zu 75 m², für vier Personen bis zu 90 m² usw. Zudem wurde die so genannte Bruttokaltmiete (Kaltmiete plus kalte Nebenkosten) gemäß der neuen Richtlinie angepasst. In Stralsund betrug diese bei einem 1 Personen Haushalt z.B. 263 € und beträgt jetzt 295 €.

Ähnlich stellt sich dies dann auch entsprechend bei 2 Personen, 3 Personen usw. dar. Dies gilt auch für die anderen Vergleichsräume. Zu berücksichtigen ist, dass es sich gemäß Richtlinie um die vorgesehenen Werte handelt, dies jedoch die Behörde nicht davon entbindet Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen. Die Richtlinie beruht auf Werten aus Erhebungen aus dem Jahre 2016.

Sofern Bescheide aus dem Jahr 2016 noch nicht bestandskräftig geworden sind und Widerspruch oder Klage erhoben wurde, ändert das Jobcenter hier die Sätze ab. Wer jedoch keinen Widerspruch eingelegt hat und nicht die vollständigen Kosten der Unterkunft übernommen bekommt, kann im Hinblick auf die neue Richtlinie entsprechende Überprüfungsanträge stellen. Dies ist für das Jahr 2016 noch möglich, da solche gemäß § 44 SGB X ein Jahr rückwirkend stellbar sind. Sollte die Behörde wider Erwarten diesen ablehnen, so wäre hiergegen Widerspruch und Klage möglich.

Darüber hinaus ergibt sich aus einer Gesetzesänderung ab dem 01.08.2016, dass bei der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft eine Gesamtangemessenheitsgrenze erlaubt ist. Es bleibt im Rahmen der Feststellung der Angemessenheit bei der getrennten Betrachtung von Bruttokaltmiete und Heizkosten. Zu Gunsten der Leistungsempfänger ist aber hiernach eine Wohnung auch dann angemessen, wenn sie z.B. eine zu hohe Bruttokaltmiete hat, aber dies durch günstige Heizkosten kompensiert wird. Dies wurde in die neue Richtlinie durch den Landkreis nicht eingearbeitet. Man meint dort, dies sei nicht notwendig. Dies führt zu teilweise absurden Ergebnissen. So sind dem Unterzeichner Fälle bekannt, in denen eine Abweichung der Bruttokaltmiete von gerade einmal 5 € aber äußerst günstigen Heizkosten von nur 20 € (1 Personen Haushalt) dennoch die Übernahme der vollständigen Kosten der Unterkunft abgelehnt wird.

Im Hinblick darauf, dass eine Gesamtangemessenheitsgrenze gemäß der neuen Richtlinie nicht gebildet werden kann, dürfte diese rechtswidrig sein. Zudem ist fraglich, inwieweit diese einem so genannten schlüssigen Konzept genügt. Bezüglich der alten Richtlinie ist durch das Sozialgericht Stralsund bereits mehrfach festgestellt worden, dass diese nicht einem schlüssigen Konzept entsprach. Wie sich das Sozialgericht zur neuen Richtlinie positionieren wird, bliebe abzuwarten.

Sollten gemäß Bescheid nicht die vollständigen Kosten der Unterkunft übernommen werden, so wäre Widerspruch und Klage möglich. Angesichts der Komplexität der Sach- und Rechtslage ist es daher stets empfehlenswert fachanwaltlichen Rat einzuholen.

Marc Quintana Schmidt

Fachanwalt für Familienrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Sozialrecht