Redebeitrag zum Haushalt 2013

Wolfgang Meyer

Im Wortlaut:

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

Ja alle Jahre Wieder! Aber in diesem Jahr eine besondere Herausforderung!!!!

Erstmalig sehen wir die Auswirkungen der LKN deutlich auch in unserer nun kreisangehörigen Stadt. Die zweimal angehobene Kreisumlage bringt Stralsund an seine Grenzen. Dazu kommt, dass das Land und der Bund die Kommunen weiter ausbluten. Da bleibt auch der Hansestadt Stralsund kaum noch Handlungsspielraum zur Selbstgestaltung.

Uns wird nachgesagt, dass wir über unsere Verhältnisse leben!? An der Stelle, was die Steuereinnahmen des Bundes anbetrifft, lebt die Bundesregierung tatsächlich über ihre Verhältnisse. Das ist eine Baustelle an der im Bund dringend gearbeitet werden muss. Seit 2000 haben Steuerreformen des Bundes Steuermindereinnahmen mit sich gebracht. Es gab keine Steuerreformen die mehr Steuereinnahmen gebracht haben. Die Transaktionssteuer, die nun endlich kommen soll, Angleichung des Höchststeuersatzes, Erhebung einer Vermögenssteuer, sprich Millionärssteuer, sind schon längst überfällige Maßnahmen.

Weitere Ursachen für die finanzielle Misere öffentlicher Haushalte sind auch: die Steuergeschenke des Bundes für die Unternehmen und für die Wohlhabenden. Milliarden zur Rettung von Banken. All das aber ist Bundespolitik, zum Teil auch Landespolitik. Deswegen können wir uns in der Haushaltsberatung auch nicht nur auf die örtliche Sicht beschränken, die gibt es so nicht, und unsere Probleme sind mit Bordmitteln allein nicht mehr zu lösen.

Wer das nicht sehen will, der will perspektivlos weiter machen, in der wagen Hoffnung, dass der Orkan sich legt, um dann so weiter zu wursteln wie bisher. Das wird nicht funktionieren und wäre auch politisch völlig verantwortungslos. Bund und Land dürfen die Kommunale Familie nicht weiter vernachlässigen! Handlungsfähige Kommunen brauchen endlich eine tragfähige finanzielle Grundlage. Das Geld muss dorthin, wo öffentliche Aufgaben erledigt werden und wo die Menschen leben. Haushaltskonsolidierung des Landes zu Lasten der Kommunen, dass ist nicht weiter zu akzeptieren.

Wir brauchen ein Umlenken in der Finanzpolitik des Landes. Die Kriterien der Geldverteilung des Landes müssen geändert werden. Unsere Forderung ist in Richtung Landespolitik: Streichung der Vorwegabzüge zu Gunsten der Erhöhung der Schlüsselzuweisungen. Das bringt mehr Handlungsspielraum für die Kommunen.

Das Land Brandenburg macht das eindrucksvoll vor! Unter diesen Bedingungen einen halbwegs akzeptablen, verlässlichen Haushalt aufzustellen ist schier unmöglich. Dennoch hat die Verwaltung es vor dem Weihnachtsfest und ihren Entwurf zur Diskussion übergeben. An dieser Stelle möchten auch wir allen Beteiligten der Stadtverwaltung, insbesondere dem Team um Herrn Heinrich für die umfangreiche Arbeit unter den schwierigen Bedingungen der Landkreisordnung, für die zeitgerechte Vorlage danken.

In der Haushaltsdiskussion mussten wir leider feststellen, dass noch viele Fragen der Landkreisneuordnung unbefriedigend geklärt sind. Die mit der LKN insbesondere versprochene Bürgernähe ist bei den Menschen noch nicht angekommen. Hier nur zwei kleine Beispiele: - Die versprochene Möglichkeit der Zulassung von KFZ auch in Stralsund für Bewohner im nördlichen Landkreis steht immer noch aus. Das dauert einfach zu lange. - die zentrale Bild – und Lehrmittelstelle, die jetzt in Verantwortung des LK übergegangen ist, soll nach Vorstellungen des Landrates an die Kreisgrenze nach Ribnitz – Dammgarten verlegt werden. Das ist Bürgernähe nach dem Drescher Modell. Das machen wir nicht mit!

An dieser Stelle ein Dank an Herrn Albrecht, der zumindest bis zum Sommer für den zentralen Verbleib der Bild- und Lehrmittelstelle in Stralsund eine Lösung gefunden hat. Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass DIE LINKSFRAKTION und wenige Andere, sich immer gegen die Aufgabe der Kreisfreiheit ausgesprochen haben. Weil wir diese „Kleinen“ alltäglichen Besonderheiten im LKOG nicht Berücksichtigt gesehen haben.

Das Grosse Minus im Haushaltsansatz gibt uns auch in Finanzpolitischer Hinsicht recht, dass Stralsund mit der Aufgabe der Kreisfreiheit, mit zu den Verlierern der LKN gehört. Bei einer Kreisumlage von schon nahezu 50 % haben wir kaum noch größere Gestaltungsmöglichkeiten. Die Steuereinnahmen werden sich weiter rückläufig entwickeln. Die Auswirkungen der Werftenkrise sind noch gar nicht abzuschätzen. Das dicke Ende kommt erst noch. Wenn ich nur an die Gewinnausfälle der Stralsunder Werften - Zulieferbetriebe und die damit verbundenen Steuermindereinnahmen denke.

Noch haben wir eine günstige Zinsentwicklung. Wie lange noch? wo es doch in der Europäischen Wirtschaft überall kriselt? Ein weiteres großes Risiko für eventuelle Mehrbelastungen im Haushalt. Auch mit dem Demografischen Wandel und dem weiter prognostizierten Bevölkerungsrückgang werden sich die Einnahmen künftig weiter rückläufig gestalten. Handlungsspielraum? Fehlanzeige! Schadensbegrenzung ist angesagt!

Wir bewerten es durchaus positiv, dass die Verwaltung unter diesen schwierigen Bedingungen keine Kürzungen im freiwilligen Bereich zugelassen und auch an die ereichte Qualität im Kinder – und Jugendfreizeitbereich künftig festhalten will. Wir sehen auch die positive Wirkung des Steuerverbundes Museum, Tierpark und Hansedom mit der SWS auf die Auswirkungen im Haushalt.

Wir haben auch wohlwollend das Umdenken des OB im Personalbestand zur Kenntnis genommen. Schon heute gelangen die Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst an ihre körperlichen und psychischen Grenzen - und das bei einer relativ bescheidenen Vergütung. In vielen Bereichen sind die Mitarbeiter an ihre Leistungsgrenzen gestoßen. Aufgaben können nicht Satzungsgemäß erfüllt werden. Eindrucksvoll wurde dies den Fraktionsvorsitzenden z.B. von einer Mitarbeiterin des Stadtarchivs geschildert.

DIE LINKE spricht sich deshalb ausdrücklich gegen einen weiteren Personalabbau aus! Denn es ist nicht möglich, permanent zentrale Stellen innerhalb der Verwaltung zu streichen oder nur unbesetzt zu lassen – ohne die anfallenden Aufgaben zu reduzieren. Wer beim Personal kürzt, meine Damen und Herren, der muss auch klar sagen, welche Leistungen die Stadt zukünftig für ihre Bürgerinnen und Bürger nicht mehr erbringen will! Es ist doch ein Irrglaube, zu meinen, dass der Haushalt durch einen drastischen Stellenabbau gerettet werden kann. Im Gegenteil: Durch diese Maßnahme wird die Leistungsfähigkeit der gesamten Kommune beschädigt, weil es zu einem Abbau bürgernaher Dienstleistungen kommt. Statt eines weiteren Personalabbaus hat die Linksfraktion schon lange ein zukunftsorientiertes Personalkonzept gefordert. Das liegt uns jetzt zur Diskussion vor. Unser Auffassung darf das Personalkonzept der Verwaltung nicht zwingend der Landesforderung nach immer weiteren Personalabbau folgen. Die Erfüllung aller Aufgaben und die Wahrnehmung der Gesamtverantwortung müssen auch personell gesichert werden und bleiben.

Theaterfinanzierung LK muss sich mit höheren Zuschüssen beteiligen Dazu muss die Gesellschafterstruktur der Theater Vorpommern GmbH neu gestaltet werden.

Wir haben uns aber auch mit dem Thema Einführung eines Doppelhaushaltes beschäftigt und „FÜR“ und „Wieder“ diskutiert. Doppelhaushalt schafft Planungssicherheit, zumindest im freiwilligen Bereich, und könnte die Verwaltungsarbeit, insbesondere im Kämmerei amt entlasten. Wir empfehlen, dieses Thema mit der Verwaltung im Fachausschuss weiter zu diskutieren und abzuwägen.

Weiter haben wir uns mit dem Thema Bevölkerungsrückgang beschäftigt. Dem Bevölkerungsrückgang muss schnell entgegengewirkt werden. Dazu müssen Strategien entwickelt werden, mit dem Ziel, Umlandgemeinden einzugemeinden. Dazu erwarten wir von der Verwaltung eine konzeptionelle Lösung, die ein Anschluss an die Hansestadt für Umlandgemeinden attraktiv macht. Der Investitionsplan ist sehr anspruchvoll und wird unsere schöne Stadt noch attraktiver machen.

Besonders die in Kürze bevorstehenden Übergaben der sanierten Lambert Schule und des Goethe Gymnasiums freut uns. Wir hoffen natürlich auch, dass diese guten Lernbedingungen auch viele Neulehrer anziehen werden. In diesem Zusammenhang begrüßen wir die Entscheidung des Landes, 50 Mio. EURO mehr in die Bildung zu stecken. Wir hoffen aber auch, dass gute Lernbedingungen insbesondere auch für die schwächeren Kinder in unserer Gesellschaft, geschaffen werden. Wir erwarten, dass die mehrfach von Herrn Albrecht gemachte Zusage eingehalten wird, dass die 3. und 4. Klassen des Sonderpädagogischen Förderzentrums, in das Gebäude der L-S Schule zurückziehen und der Bürgerschaftsbeschluss zum Schultausch konsequent umgesetzt wird. Einen anderen Handlungsauftrag hat ihnen die Bürgerschaft nicht erteilt.

Wir werten positiv, dass bei dem Vorhaben „Gestaltung des Neuen Marktes, eine Bürgerbeteiligung initiiert wurde. Das halten wir auch für die Investitionsvorhaben Erweiterung des Ozeaneum, Gestaltung des Weidendamms und Verlegung des Busbahnhofs am Hauptbahnhof für die richtige Herangehensweise. Das könnte der Anfang für einen Bürgerhaushalt sein.

Auch dieses Thema möchte die Linksfraktion zur Diskussion in den Fachausschuss stellen und besonders auf die guten Erfahrungen der Stadt Worms verweisen. Das Wormser Konzept heißt: Haushalt im Dialog, das dem Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger nach unkomplizierter politischer Beteiligung und Mitgestaltung entgegen kommt. In Zeiten leerer öffentlicher Kassen und schwindenden Spielräumen zum Handeln ist es sehr wichtig, alle Betroffenen zu beteiligen.

Die Linksfraktion wird sich bei der Abstimmung enthalten.