Die Bürgerschaftssitzung vom 10. Dezember 2015

Wolfgang Meyer

Schwerpunkt der Sitzung war die Vorlage der Haushaltssatzung 2016. Als einzige Fraktion der Bürgerschaft haben wir den Haushalt 2016 abgelehnt. Hintergrund der Ablehnung ist, dass durch die Politik von Bund und Land die kommunale Selbstverwaltung immer mehr gefährdet wird. So haben wir den Haushalt insbesondere abgelehnt, da in diesem die neue Benutzungs- und Entgeltordnung der Stadtbibliothek sowie Einnahmen aus der Änderung der Musikschulengebührensatzung bereits eingestellt sind. Auch sieht der neue Haushalt vor, dass die Gewerbesteuer sowie die Grundsteuer B stark angehoben werden sollten. Die Linke offene Liste war die einzige Fraktion die den Haushalt abgelehnt hat. Die Fraktionen der Grünen sowie der SPD scheinen offensichtlich mit der Anhebung der Musikschulengebührensatzung sowie der Erhöhung der Benutzungs- und Entgeltordnung der Stadtbibliothek ihren Frieden gemacht zu haben. Durch die CDU/FDP Fraktion wurde ein Änderungsantrag eingebracht, durch den die Anhebung der Grundsteuer B sowie die Gewerbesteuer leicht abgeschwächt wurde. Diesen Änderungsantrag haben wir letztlich unterstützt. Dies, da die Erhöhung hierdurch zumindest abgemildert werden kann. Allerdings haben wir den Haushaltsentwurf dann insgesamt abgelehnt. Durch die SPD – Fraktion wurde als einzige Fraktion selbst die leichte Abmeldung der Erhöhung abgelehnt. Hier ist zu sehen, dass insbesondere durch die Erhöhung der Grundsteuer auch die Mieten entsprechend ansteigen werden, da die Grundsteuer auf die Miete umgelegt werden kann. Auf eine Widerspruch zwischen kreis- und städtischen Haushalt in Höhe von 602.000€ führt, wiesen wir als einzige Fraktion hin.

Thema der Bürgerschaftssitzung war auch ein Appell an den Oberbürgermeister die Weiterführung der Stralsunder Linie 2 des Nahverkehrs gegenüber dem Landrat geltend zu machen. Dieser Antrag wurde dann gegen die Stimmen der CDU/FDP Fraktion von allen anderen Fraktionen, auch von der LoL, unterstützt. Auch ging es um den Ausbau der Schulkapazitäten. Hierbei wurde kritisiert, dass die Verwaltung auf die Problematik nicht frühzeitig aufmerksam gemacht hatte. Inhaltlich wurde der Antrag jedoch durch alle Fraktionen, auch durch unsere, unterstützt. Auch wurde der Antrag Vorpommern nicht vom Bahnverkehr abzukoppeln (geplante nicht Neuausschreibung der Linie Stralsund/Barth) unterstützt. Auch wurde der Antrag unterstützt den Oberbürgermeister zu beauftragen, sofort alle Schritte zu veranlassen, dass die Vereinbarung zu Schulsozialarbeit zwischen dem Landkreis Vorpommern Rügen und der Hansestadt Stralsund so schnell wie möglich unterzeichnet werden. Entsprechender Antrag wurde lediglich durch die CDU / FDP-Fraktion abgelehnt.

Wir veröffentlichen an dieser Stelle die durch unseren finanzpolitischen Sprecher Marc Quintana Schmidt im Rahmen der Haushaltsdiskussion gehaltener Haushaltsrede ab:

 

Sehr geehrte Herr Präsident, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen, liebe Stralsunder

Ich stelle fest, wir sind die einzige Opposition. Auch wenn ich die Rede meines Vorredners von den Grünen inhaltlich voll unterstützen kann, vermag ich die Zustimmung zum Haushalt nicht nach zu vollziehen. Uns liegt die Haushaltssatzung und der Haushaltsplan 2016 zur Beschlussfassung vor. Mein Dank zunächst an die Verwaltung unter Führung der neuen Kämmerin, Frau Steinfurt, für die zeitnahe Erarbeitung des Haushaltes. Die Verwaltung hat hier gute Arbeit geleistet entsprechend den Vorgaben. Freiwillige Leistungen wurden ebenfalls erhalten. Weiterhin 10 % für Kultur und Sport. So weit so gut. Wer meint aus meinem Dank & Lob für die Erstellung des Haushaltes 2016 herauszulesen, dass die LOL dem Haushaltsplan und der Haushaltssatzung zustimmen wird, der irrt. Hintergrund unserer Ablehnung liegt vielmehr darin begründet, dass durch die Politik von Bund und Land die kommunale Selbstverwaltung immer mehr gefährdet wird und die Kommunen und somit auch Stralsund nicht mehr ausreichenden Handlungsspielraum in finanzieller Hinsicht haben. Insbesondere das Land stiehlt sich hier aus der seriösen Finanzierung der Kommunen heraus und saniert sich auf deren Kosten. Solange dies geschieht, werden wir den Haushalt ablehnen. Die jetzige Haushaltssituation ist noch gravierender und schlechter als im letzten Jahr. Hintergrund ist vor allem die Einschränkung unserer Handlungsfreiheit durch das mit einer Mehrheit diesen Hauses im letzten Jahr auf Druck des Innenministeriums gegen unsere Stimmen bereits beschlossene letzte Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzeptes. Die OZ bezeichnet dies als Sparpaket, demgemäß der Fehlbetrag 2,18 Millionen nicht überschreiten darf. Wir sehen darin eher einen Knebelvertrag zur Einschränkung der kommunalen Selbstverwaltung. Ich verweise auf Bl. 28 des Bandes I der Haushaltssatzung und Haushaltsplan 2016. Im Rahmen des Rückblicks auf das Haushaltsjahr 2015 und die Kassenlage im Jahre 2015 wird auf Schwerpunkte bezüglich der Haushaltsdurchführung 2015 verwiesen. Die Musikschulengebührensatzung und die Benutzungs- und Entgeltordnung der Stadtbibliothek sind entsprechend der Maßgabe im Haushaltssicherungskonzept überarbeitet worden. Die finanziellen Auswirkungen dieser Gebühren bzw. Entgelterhöhungen sind bereits planungsseitig zur Haushaltskonsolidierung berücksichtigt. Die finale Beratung in den Ausschüssen steht noch aus. Mit der Wirksamkeit dieser Gebühren bzw. Entgeltanpassung kann somit erst im Haushaltsjahr 2016 gerechnet werden.

Durch das Haushaltssicherungskonzept sind einschränkende Vorgaben gesetzt worden. Erstaunlich ist, dass diese Einsparungen bereits für das Jahr 2016 eingeplant sind, obwohl in den Ausschüssen nicht abschließend beraten. So steht die Benutzungs- und Entgeltordnung für die Stadtbibliothek erst am 15. Dezember auf der Tagesordnung des Finanzausschusses. Dennoch werden mit dem Haushalt bereits die Weichen gestellt. Insbesondere die Einplanung dieser Mittel bewegen uns, den Haushalt für das Jahr 2016 abzulehnen. Des Weiteren sehen wir es als problematisch an, dass der Hebesatz für die Grundsteuer B und für die Gewerbesteuer erneut ansteigt. Dieser erreicht dann Höhen, welche lediglich mit so genannten Leuchtturmstädten vergleichbar sind. Bekanntlich sind wir leider nicht der bevorzugte Investitionsstandort, wie der Vertreter der Verwaltung uns am 8.12 im Ausschuss bestätigte. Sicherlich ist zuzugestehen, dass die Gewerbesteuer letztlich nicht das einzige Kriterium für einen Investor ist, sich neu anzusiedeln, für diesen jedoch ein Argument von Belang. Die Anhebung wird die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Stralsund nicht erhöhen, im Gegenteil. Wir unterstützen allerdings den Änderungsantrag der CDU/FDP Fraktion die Steuererhöhungen abzumildern, wenngleich diese unzureichend sein dürfte. Es ist aber zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.

Ansätze für eine Verbesserung der kommunalen Finanzsituation wären sicherlich gegeben gewesen, wurden jedoch vertan im Hinblick auf die Neuordnung des Finanzausgleichsgesetzes. Ursprünglich galt es dieses ab dem Jahre 2016 neu zu regeln, so dass uns dies im nächsten Jahr zu Gute gekommen wäre. Die entsprechende Regelung ist jedoch nicht erfolgt. Ich verweise auf die Hartz IV Gesetze und die damit einhergehende Belastung der Kommunen, Auch die Kreis und Gebietsreform hat hier nicht die seinerzeit durch die Landesregierung angekündigte Entlastung geschaffen. Erhöhte Kreisumlage, höhere Müllgebühren, Streichung von Nahverkehrslinien um nur einige Stichworte zu nennen sind Ergebnis dieser Politik. Zudem plant Stralsund mit Erstattung vom Landkreis über 3.358.600 €. Der Landkreis hat in seinem am 14.12.2015 zu beschließenden Haushaltsentwurf aber nur 2.756.300 € hierfür vorgesehen. Hintergrund ist die im Bildungsausschuss des Kreistages im November bereits thematisierte Meinungsverschiedenheit um einen öffentlich rechtlichen Vertrag der Stadt mit dem Kreis, da für manche Schulen die Stadt als Schulträger verbleibt. Dies bedeutet ein Defizit für Stralsund von über 602.000 €. Wer als Kreistagsmitglied heute dem hier vorliegenden Haushalt zustimmen sollte muss den Kreistagshaushalt am Montag im Kreistag ablehnen bzw. dort für eine Änderung sorgen, da wir sonst ein entsprechendes Defizit haben werden. Danke Herr Drescher.

Es gebe jedoch durchaus Möglichkeiten die Einnahmenseite Stralsunds zu erhöhen. Bereits in der Diskussion zum Haushaltssicherungskonzept hatten wir vorgeschlagen, die Prozesse bezüglich der Pächter in Neuendorf auf Hiddensee zu beenden. Somit könnten erhebliche Gerichtskosten eingespart werden. Außerdem könnte eine Einigung mit den Einwohnern von Neuendorf erzielt werden, indem diesen eingeräumt wird die ca. 300 bis 500 m² Boden um ihre Häuser herum käuflich zu erwerben. Kauferlöse im sechsstelligen Bereich erzielen und die Restflächen könnten wieder verpachtet werden. 

Sagen Sie nein zum weiteren Kahlschlag. Wir zeigen der Landesregierung durch unser Votum, genauso wie zur Erpressungspoltik zur Theaterreform mit unserer Ablehnung des Haushalts die rote Karte.